Archivmeldung

Hantavirus - Steht ein weiteres Hantavirusjahr in Osnabrück/Niedersachsen bevor?

Aktuell gibt es Hinweise, dass in diesem Jahr wieder ein erhöhtes Risiko für Hantavirus-Erkrankungen in der Region Osnabrück besteht. Das von Rötelmäusen über Kot und Urin ausgeschiedene Puumala-Hantavirus verursacht die meisten Erkrankungen. Bei Kontakt mit diesen Ausscheidungen, aber auch durch Einatmen von Stäuben kann eine Übertragung auf den Menschen erfolgen. Die Infektion führt nach ungefähr zwei bis drei Wochen zu einer Erkrankung, wobei die Erkrankungsschwere von einer grippeähnlichen Symptomatik bis zur Nierenfunktionsstörung reicht.

Eine Häufung von Hantavirus-Erkrankungen tritt in der Regel dann auf, wenn im Vorjahr eine starke Fruchtbildung der Buchen stattgefunden hat, so dass die Rötelmäuse über den Winter ein gutes Nahrungsangebot hatten und sich dadurch bereits im Winterhalbjahr gut vermehren konnten.

Hantavirus-Ausbruchsjahre werden in Deutschland meist in Abständen von zwei bis drei Jahren beobachtet. Der Landkreis Osnabrück verzeichnet hierbei in Niedersachsen die meisten Infektionen und war zuletzt im Jahr 2019 stark betroffen. Hantavirusprognosemodelle weisen für die Region Osnabrück für 2023 ein hohes Risiko für Hantavirusfälle aus.

Derzeit weisen mehrere Indikatoren auf ein erneutes Hantavirus-Ausbruchsjahr im Landkreis Osnabrück hin. Einerseits hat im vergangenen Jahr eine Buchenmast stattgefunden. Andererseits ist in diesem Jahr die Zahl der an mehreren Standorten regelmäßig beobachteten Rötelmäuse gegenüber dem Vorjahr deutlich erhöht. Die Zahl der gemeldeten Hantavirus-Erkrankungen beim Menschen bewegt sich aktuell noch auf mittlerem Niveau. Erfahrungsgemäß nimmt die Zahl der Infektionsmeldungen ab Juni aber deutlich zu.

Wegen der diesjährigen Bedingungen sollten Einwohnerinnen und Einwohner der Region Osnabrück folgende Maßnahmen beachten, um Infektionen vorzubeugen: Bei Tätigkeiten mit hohem Übertragungsrisiko, wie dem Ausfegen oder Aufräumen von Lagerräumen (z.B. Ställen, Schuppen, Garagen), der Gartenarbeit oder dem Verarbeiten von gelagertem Holz (z.B. Holzhacken), sollte darauf geachtet werden, Staubaufwirbelung zu vermeiden (z.B. durch Befeuchten der Umgebung), eine gute Durchlüftung der Räume sicherzustellen und Schutzmaßnahmen zu treffen (z.B. Gummihandschuhe, Wundabdeckung). Falls doch Stäube entstehen könnten, sollte eine enganliegende Atemschutzmaske getragen werden, empfohlen wird eine FFP3-Maske bzw. alternativ eine FFP2-Maske. Wohnhäuser und Nebengebäude sollten unbedingt vor dem Eindringen von Nagetieren geschützt werden. Weitere Informationen finden Sie auf dem Merkblatt „Wie vermeide ich Hantavirusinfektionen?“.

Hintergrundinformationen

In Deutschland wird der größte Teil der humanen Hantavirus-Erkrankungen durch das Puumala-Orthohantavirus (PUUV) verursacht. Dieses Hantavirus wird von der Rötelmaus (Myodes glareolus syn. Clethrionomys glareolus) auf den Menschen übertragen. Bisherige Untersuchungen haben ergeben, dass sich die Verbreitung dieses Hantavirus auf den südlichen und westlichen Teil Deutschlands beschränkt. Diese Verbreitung steht auch in Übereinstimmung mit dem Auftreten humaner Erkrankungen in den bereits lange bekannten Endemiegebieten, d.h. Gebieten in denen das Virus fortwährend auftritt und es zu humanen Infektionsfällen kommt, in Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen, insbesondere Landkreis Osnabrück. Das Auftreten von Hantavirus-Ausbruchsjahren kann durch Massenvermehrungen der Rötelmaus erklärt werden; in Deutschland und anderen Ländern Mittel- und Westeuropas wird diese Massenvermehrung durch eine starke Samenproduktion der Buche („Mastjahr“) verursacht. Bei allen bisherigen Ausbruchsjahren 2007, 2010, 2012, 2017 und 2019 gab es Hinweise auf eine starke Samenproduktion bei der Buche im jeweiligen Vorjahr. Im Jahr 2019 fielen erstmals Unterschiede in der Verteilung der humanen Erkrankungsfälle in den bekannten Endemiegebieten auf, die sich auch in diesem Jahr zeigen.

Neben PUUV sind in Deutschland humane Hantavirus-Erkrankungen in Ost- und Nordostdeutschland auf Infektionen mit dem Dobrava-Belgrad-Orthohantavirus, Genotyp Kurkino, zurückzuführen. Daneben wurden humane Infektionen mit dem Seoul-Orthohantavirus, übertragen durch Heimratten, sowie molekular eine humane Infektion mit dem Tula-Orthohantavirus in Deutschland gefunden. Darüber hinaus kommen in Deutschland weitere Nagetier-, Spitzmaus- und Maulwurf-assoziierte Hantaviren vor, deren Humanpathogenität bisher unbekannt ist.

Im Rahmen des Forschungsnetzes „Zoonotische Infektionskrankheiten“ wurde der Forschungsverbund „RoBoPub“ (Rodent-Borne-Pathogens-and-Public-Health, also Nagetier-übertragene Krankheitserreger und öffentliche Gesundheit) vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Als One Health-Initiative beschäftigten sich Partner aus unterschiedlichen Bereichen mit Erreger-, Nagetier- und Umwelt-bezogenen Aspekten der Erregerübertragung, der Manifestation und Diagnose der humanen Erkrankung, sowie sozialen Aspekten der Sensibilisierung und Risikowahrnehmung der Bevölkerung sowie der niedergelassenen Ärzte. Daneben erfolgte die Entwicklung eines bundesweiten Prognosemodells für humane Hantaviruserkrankungen in einem Projekt, das vom Umweltbundesamt gefördert wurde. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für die Erstellung von kleinräumigen Risikokarten, Risikomanagementplänen und Handlungsempfehlungen für den öffentlichen Gesundheitsdienst zur Information der Bevölkerung, von Risikogruppen und niedergelassenen Ärzten genutzt.

Weiterführende Informationen zu Hantaviren finden Sie hier:

  1. https://www.umweltbundesamt.de/themen/chemikalien/infektionsschutz/hantavirusprognose
  2. https://www.nlga.niedersachsen.de/robopub/uebersicht-205134.html
  3. https://doi.org/10.5281/zenodo.7303420
  4. https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/H/Hantavirus/Merkblatt_PDF.pdf?__blob=publicationFile
  5. https://www.openagrar.de/servlets/MCRFileNodeServlet/openagrar_derivate_00036440/FLI-FAQ-Hantavirus_2021-03-19-bf.pdf.
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